Nein, der Schiedsrichter wird an dieser Stelle keines großen Kommentars gewürdigt. Natürlich war die übersehene Abseitsstellung vor Hannovers 2:3 drei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit spielentscheidend. Doch die Entscheidung war so offensichtlich falsch, dass dies keiner weiteren Auseinandersetzung bedarf. Was hingegen einer weiteren Auseinandersetzung bedarf, ist das erneute Einbrechen des FCN in der Schlussphase. Denn hätte der FCN einfach konsequent weitergespielt, bzw. eine seiner Konterchancen genutzt, das Schiedsrichterteam hätte noch weitere Abseitsstellungen übersehen können.

Stattdessen stand am Ende nicht nur das 17. Pflichtspiel in Folge ohne Sieg, sondern auch die Erkenntnis, dass selbst eine 3:0-Führung und eine hervorragende erste Halbzeit nicht genügt, um ein Spiel sicher nach Hause zu bringen.  Es war dritte Pausenführung in den letzten fünf Spielen, die der FCN abgab. Zwölf Gegentore hat der Club unter Gertjan Verbeek in der zweiten Halbzeit kassiert,  vor der Pause jedoch nur drei. Konzentration und Stabilität bauen nach der Pause exorbitant ab.

Der Rückschluss, den man daraus ziehen kann, ist, dass das Spiel, das Verbeek spielen lässt, wohl – wie schon gegen Freiburg an dieser Stelle vermutet – zu kraftintensiv für die Mannschaft ist. Eine Mannschaft, die unter den Vorgänger Michael Wiesinger hinter vorgehaltener Hand selbst klagte, dass zu wenig Kondition trainiert würde, muss nun also laufstark und mit voller Kraft agieren. Dies gepaart mit einer Umstellung von reaktivem auf aktives Spiel führt anscheinend dazu, dass der Mannschaft gegen Ende die Puste ausgeht. Schließlich fielen von den 12 Gegentoren nach der Pause neun in den letzten zwanzig Minuten.

Dies soll nun keine Generalkritik am 51-jährigen Niederländer sein, dafür hat sich das Offensivspiel viel zu sehr weiterentwickelt. Bezeichnend für diesen Wandel ist die Tatsache, dass Hiroshi Kiyotake nun wieder aufblüht, Pässe wie den zum 2:0 spielt. Auch dass gegen Hannover erstmals unter Verbeek mehr als ein Tor erzielt wurde, spricht für die Weiterentwicklung der Mannschaft, sie hat das System verinnerlicht. Möglicherweise hätte es mit etwas mehr Kondition, die immer auch Konzentration bedingt, offensiv sogar zu einem vierten oder fünften Tor und nicht nur zum vierzehnten und fünfzehnten Aluminiumtreffer gereicht.

Es bleibt nur die Frage im Raum, wie sehr die Mannschaft ein solches Ereignis aus der Bahn wirft. Wie schon in der Vorwoche war man über weite Strecken des Spiels deutlich besser, war auf dem Weg zum ersten Sieg. Doch dann fiel der Hammer, die Zweifel kehrten zurück und da man keiner in der Mannschaft wirklich mehr weiß, wie das Siegen geht, erfüllt sich die Prophezeiung in den Köpfen, die das bittere Ende schon kommen sieht. Man sieht den Niederschlag kommen und kann sich doch nicht dagegen wehren, weil man die Mechanismen verlernt hat, die einen siegen lassen.

Andererseits könnte ein derartiger „Punkteklau“ natürlich auch das Team zusammenschweißen, eine Wagenburgmentalität entstehen lassen, ein „Wir gegen die Welt“-Gefühl in die Mannschaft einimpfen. Es wäre zu wünschen, wahrscheinlicher aber ist erstere Variante. Denn wer selbst solche Spiele nicht gewinnt, der spielt in der Regel in der nächsten Spielzeit eine Klasse tiefer. Es sei denn man zieht aus den Ereignissen die richtigen Lehren und weiß, woran man im Trainingslager arbeiten muss, damit man künftig gegen Fehlentscheidungen gefeit ist.

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