Gertjan Verbeek ist ein cleverer Zeitgenosse. Er weiß genau, was seine Mannschaft jetzt nicht vertragen kann. Eine Diskussion über die eigenen Qualitäten, über die eigenen Fehler, über die eigenen Unzulänglichkeiten. Für eine derartige Debatte ist die Lage zu gefährlich, die Stimmung zu angespannt, die Personaldecke zu dünn. Um also nach der in der Summe verdienten Niederlage in Freiburg keinerlei Diskussion hinsichtlich eines potentiellen Abstiegs aufkommen zu lassen, zettelte der Niederländer nach dem Spiel einen Diskurs über das Verhalten der gegnerischen Spieler, Trainer und Verantwortlichen an. Die eigene Mannschaft war damit trotz insgesamt schwacher Leistung aus der Schusslinie.

In einer Situation, in der mit Pinola und Dabanli nur noch zwei gesunde, nicht gesperrte Innenverteidiger zur Verfügung stehen, macht dieser Ansatz durchaus Sinn. Volle Konzentration auf den Freiburger Derwisch an der Seitenlinie, auf die unerträgliche Schauspielerei der Freiburger, die beide Sperren (Starks fünfte Gelbe Karte wie auch Pogatetz‘ Platzverweis) verursachte, auf den Schiedsrichter, der sich von all dem beeinflussen ließ. Man mag Verbeeks Reaktion seinem Gerechtigkeitssinn, seiner Kampagne gegen jegliche Schauspielerei zuschreiben, damit unterschätzt man den 51-Jährigen aber.

Denn er hatte bestimmt gesehen, dass seine Mannen mit dem präzisen und sicheren Passspiel der Gastgeber über weite Strecken Probleme hatten, dass die Freiburger vormachten wie man auch mit spielerischen Mitteln sich auch engen Situation befreien kann, wie man aus mehr Ballbesitz Feldüberlegenheit schaffen kann. Alles Dinge, die sich Verbeek für den eigenen Abstiegskampf auf die Fahnen geschrieben hat, welche die eigene Mannschaft aber in den vergangenen Wochen – auch auf Grund der vielen und ständigen Ausfälle – nicht umsetzen konnte. So gesehen ist der „Nicht-Kollege“ Christian Streich eben schon Vorbild für Verbeek, denn jenseits der moralischen Implikationen des Zeit- und Foulschindens agierte Freiburg so wie Verbeek gerne spielen würde.

Dass er es nicht konnte, lag natürlich zum einen daran, dass die Freiburger ihr Spiel eben gut durchsetzen konnten, es lag aber auch daran, dass dem Nürnberger Spiel die Ordnung in der Vorwärtsbewegung fehlte. Nicht umsonst vielen beide Tore, Pogatetz‘ Kopfball d und Drmic‘ Elfmeter – durch Standardsituationen. Aus dem Spiel heraus dagegen gab es quasi keinerlei Möglichkeiten für den FCN, hier verlor der FCN – wie so oft – zu schnell den Ball in der Vorwärtsbewegung, ließ sich von den Freiburgern zu oft den Ball abjagen, agierte zu oft gedanklich zu langsam.

Hinzu kamen einige Schwächen in der Verteidigung, die am Ende dann den Ausschlag für die Niederlage gaben. Es war quasi symptomatisch, dass das 3:2 durch einen schlecht geklärten Ball des FCN fiel, denn diese Art von schwacher Klärung zum Mann war keine Seltenheit, sondern vielmehr fast schon üblich an diesem Samstagabend. Es war wieder einmal Raphael Schäfer, der mit einigen starken Paraden Schlimmeres als eine knappe Niederlage verhinderte. Doch ein Torwart in Top-Form alleine gewinnt eben keine Spiele und auch den zweiten in der Torjägerliste zu stellen, ist nur schwacher Trost, wenn man fünf der letzten sechs Spiele verloren hat.

Die Debatte in den kommenden Tagen wird sich wohl weniger auf diese Tatsache als auf die Fehde zwischen Verbeek und Streich richten. Gewinnt das Team dadurch an Stabilität, Sicherheit und Ruhe, dann hat der Taktiker Verbeek alles richtig gemacht. Setzt sich dagegen die Tendenz der letzten Spiele fort, könnte man ihm den Vorwurf machen, den Spielern damit einen Weg aus der Verantwortung gebahnt zu haben.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Ok