Es war ein bisschen wie den Ex-Partner mit einer neuen Liebschaft zu sehen, während man selbst noch an der Trennung kaut: „Mensch, das könnte ich sein.“ Glücklich, zufrieden, irgendwie gutaussehend Der derartige Gedanke dürfte vielen Nürnberger Fans am Sonntag durch den Kopf gegangen sein. Denn im Ruhrstadion bekam man einen Aufsteiger zu Gesicht. Zumindest wenn es nach Organisation, Passsicherheit und Raumaufteilung geht. Dieser Aufsteiger wurde von Gertjan Verbeek trainiert, war aber eben nicht der FCN, sondern der Gastgeber aus Bochum.

Ob der deutlich spürbare Klassenunterschied nun am besseren Spielermaterial oder am besseren Übungsleiter liegt oder an einer Kombination aus beidem oder auch nur Momentaufnahme, lässt sich natürlich nach vier Spieltagen nicht wirklich einschätzen. Er lässt sich aber feststellen. Die Bochumer zogen ihr Spiel durch, ließen sich selbst von einem sehr frühen Rückstand nicht aus dem Konzept bringen. Danny Blum hatte einen schlampigen Rückpass auf Bochums Torwart Andreas Luthe ausgenutzt, nach innen geflankt und so Guido Burgstallers zweites Saisontor aufgelegt.

Doch statt aus dem Traumstart Kapital zu schlagen und präzise Konter zu fahren – also genau das Mittel zu wählen, das stets gegen den FCN funktioniert hat, als Verbeek noch Trainer in Nürnberg war – ließ man sich mit laufender Spieldauer immer weiter nach hinten reindrängen und gab viele Bälle im Spiel nach vorne sofort wieder her. Der Ausgleich war eine Frage der Zeit, er fiel zehn Minuten vor Ende der ersten Halbzeit und wieder einmal sah Thorsten Kirschbaum nicht gut aus. Statt konsequent rauszulaufen oder auf der Linie stehen zu bleiben, blieb er im Niemandsland gefangen und wurde überlupft.

Bis zum Pausenpfiff hatte Bochum nun weitere Chancen, die Defensive des Clubs nun mit Auflösungserscheinungen, doch mehrere Treffer der Gastgeber pfiff Schiri Welz zu Recht zurück. Nach der Pause ähnliches Bild wie davor, der Club begann engagiert und ließ sich mit laufender Spieldauer immer weiter nach hinten drängen. Im Gegensatz zur ersten Halbzeit nahm er die Einladungen der Bochumer in Form von Stellungs- und Stockfehlern des Torwarts aber nicht an. Es blieb beim 1:1, bis die Club-Abwehr in Kollektivschlaf verfiel: Alle rechneten damit, dass ein Schuss von Perthel ins Aus trudelt, nur nicht Haberer, der den Ball stattdessen im kurzen Eck unterbrachte.

Danach der FCN nicht in der Lage noch einmal gegenzuhalten, einige Halbchancen nach Standards, aber aus dem Spiel gelang nichts. Die Krux des Club ist damit auch schnell erkannt, denn auch wenn die Zweikampfbereitschaft und Bissigkeit größer war als gegen 1860 München, so reichte es dennoch nicht zu weniger Gegentoren. Das lag nicht unbedingt an der Organisation der Defensive. Diese war durchaus gegeben, sondern vielmehr an den unzähligen individuellen Aussetzern. Im Abwehrverbund schaffte es kein Akteur ohne grobe Schnitzer zu bleiben. Warum dies so ist, lässt sich nicht erahnen, es lässt sich nur beanstanden.

In solchen Situationen besteht man also nur, wenn man mehr Tore schießt als man kassiert. Dies schaffte der Club aber nicht, da ihm im Offensivspiel die Ideen fehlten. Aber nicht nur die Ideen, sondern auch die Präzision und die Abstimmung. Hier liegt der große Kritikpunkt, den sich Trainer Weiler gefallen lassen muss. Er mag noch so oft daran erinnern, dass die Spieler in ihren Fähigkeiten limitiert sind, aber gerade jene limitierten Spieler müssen einen Plan an die Hand bekommen, wie sie offensiv zu agieren haben. Dieser ist aber nicht zu erkennen. Gilt dies auch noch am 13.9. nach dem Spiel gegen Fürth könnte es ungemütlich werden für den Schweizer.

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