Bis zur 80. Minute war das Spiel gegen den Aufsteiger aus Bielefeld ein für typisches Club-Spiel. Einer - trotz dummem Gegentor - ordentlichen ersten Halbzeit ohne große Ideen, aber solidem Fußball, folgte eine katastrophale zweite Halbzeit mit einem noch dümmeren Gegentor. Doch statt langsam und leise in die Nacht zu gehen, wie man es vom FCN gewohnt gewesen wäre, drehte der Club plötzlich auf und holte einen Punkt, mit dem keiner mehr gerechnet hatte. Und war in seiner Effizienz und seinem Willen plötzlich eben doch wieder typisch für diese Saison trotz des untypischen Gefühls beim Fan.

Denn der FCN in dieser Saison ist irgendwie anders: Trotz extrem schlechten Fußballs holt er Punkte (siehe auch: 1860 München), aus Standards macht er Tore (siehe auch: Kaiserslautern), vor dem Tor ist er gnadenlos effektiv (Heidenheim). Das Spiel gegen Bielefeld kumulierte all diese Eigenheiten und fügte eine Prise späte Tore hinzu, um einem zur Verzweiflung anregenden Abend eine punktmäßig positive Wendung zu verleihen. Natürlich darf der Punkt nicht über die dreißig schwächsten Minuten der Saison hinwegtäuschen, die Fehler von Brecko und Kirschbaum bei den Gegentoren nicht entschuldigen. Man darf aber dennoch sagen: Wer aus so einem Spiel noch einen Punkt mitnimmt, der kann nicht ganz schlecht sein.

Dabei war in jenen 30 Minuten aus der Hölle wirklich alles schlecht. Da war der Anfang dieser Phase, den Thorsten Kirschbaum mit einem Patzer setzt, den man mit Worten kaum umschreiben kann. Ein Aussetzer piplica-esker Züge, der zum 0:2 führte und damit eigentlich das Spiel hätte entscheiden müssen. Denn es folgte die völlige Aufgabe sämtlicher offensiver wie defensiver Ordnung beim FCN. René Weiler bezeichnete das Anrennen seiner Mannschaft völlig zu Recht als kopflos. Ohne Struktur und in völliger Auflösung jeglicher defensiver Ordnung rannte der Club in Richtung Bielefelder Tor.

Die Gäste verteidigten dieses lange Zeit souverän und konnten dank der völligen Ungeordnetheit des FCN ein ums andere Mal kontern. Sie waren aber völlig unfähig, einen der Konter zum entscheidenden 0:3 im Tor unterzubringen. Stattdessen durfte wahlweise der Pfosten, Thorsten Kirschbaum oder das Toraus die höchstkarätigen Chancen vereiteln. Es war auch diese Verschwendung von Torgelegenheiten, die den Club überhaupt zurück ins Spiel ließ. Zurück kam er dann über einen Standard (Ecke Möhwald, Kopfball Burgstaller) und eine effektiv genutzte Einzelaktion (Burgstaller) und damit genau mit den Mitteln, die den FCN offensiv 2015/16 auszeichnen.

Gleichzeitig waren die Gegentore auch typisch für den Club in dieser Saison. Per Diagonalball ausgehebelt (siehe auch: Freiburg), schlechte Organisation im Attackieren des Angreifers (siehe auch: Fürth), überraschter Torwart nach verunglückter Flanke (siehe auch: Heidenheim). Nichts, was die Bielefelder da auf den Rasen brachten, war etwas, unter dem der FCN nicht schon hatte leiden müssen. Sie führten nur eindrucksvoll die Schwachstellen des Clubs noch einmal vor.

Fast zwei Gegentore pro Spiel und damit die nach Gegentore zweitschwächste Abwehr der Liga sprechen Bände. Gerade an wackligen Abenden wie jenem gegen Bielefeld wirkt der Club völlig konfus und überhaupt nicht gefestigt (siehe nicht: Sandhausen). Gleichzeitig stellt der Club nach Toren auch den besten und effektivsten Sturm der Zweiten Bundesliga, hat seit April in jedem Ligaspiel das Tor getroffen und seit März kein Heimspiel mehr verloren. Wahrscheinlich drückt nichts besser das aktuelle Mittelmaß aus als diese Tatsache.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Ok