Superlative sind in der Sportberichterstattung gern gesehene Gäste: Das schönste Tor des Jahres, die beste Mannschaft des Jahrzehnts, das brutalste Foul des Jahrhunderts. Man bedient sich gern aus der Floskelwolke und weiß, dass damit jeder weiß, was man sagen will. Wortwörtlich zutreffend sind die Attribuierungen dagegen selten. Doch in der Beschreibung des 1. FC Nürnberg in diesen Wochen kommt man nicht um sie herum: Die Club-Mannschaft mit der besten Moral aller Nürnberger Mannschaften jemals spielt ihr bestes Spiel des Jahres gegen die am meisten gehasste Truppe der Zweiten Liga. Mit 3:1 schickt der Club den Tabellenführer nach Hause und schielt nun selbst auf die Spitze.

Wirklich beeindruckend an diesem Sieg war, dass er absolut verdient war. Der Club war – mit Ausnahme von zwanzig Minuten in der ersten Halbzeit – die bessere Mannschaft. Den Gästen fiel, obwohl sichtbar nicht mit klassischen Zweitligaspielern bestückt, gegen die Club-Defensive selten etwas ein. Gerade die Innenverteidiger Hovland und Margreitter hatten die Stürmer der Sachsen stets im Griff, das Gegentor fiel einzig, weil Miso Brecko das Abseits nicht rechtzeitig in Kraft setzen konnte. Jenseits dessen hatte Red Bull aber keine klare Torgelegenheit.

Anders der FCN, der schon bevor er in den letzten zwanzig Minuten dreimal traf, viele gute Gelegenheiten hatte. Hervor taten sich in der Offensive vor allem Sebastian Kerk, der äußerst agil und wendig agierte und Guido Burgstaller, der erneut ein nahezu unfassbares Laufpensum an den Tag legte und – wie so oft – keinen Zweikampf scheute. Dass der Österreicher bei allen drei Clubtoren in der Nähe war, zeigt seine Gefährlichkeit und Wichtigkeit. Dass der Club nach einem Rückstand und einer weiteren klaren Fehlentscheidung gegen sich, einmal mehr zurückkam und die Tore 27 bis 29 in der letzten halben Stunde markierte, spricht für den unbändigen Willen des Teams, Spiele für sich entscheiden zu wollen.

Doch gegen Leipzig war es eben nicht allein der Wille, sondern auch der Spielfluss, der ansehnlich war. Auch wenn nicht immer alles mit technisch sauberem Fußball passierte, so löste der Club doch wesentlich mehr spielerisch als man es von ihm in den letzten Wochen gewohnt war. Dass Leipzig im Frankenstadion deutlich schwächer aussah als Freiburg im letzten Heimspiel vor der Winterpause, lag nicht nur an den Sachsen, sondern auch am FCN, der in allen Mannschaftsteilen stark agierte. Er wollte nicht nur gewinnen, er wollte es überzeugend tun und tat dies auch.

Natürlich hatte der Club in den entscheidenden Szenen auch etwas Glück: Vor den beiden ersten Toren fälschte jeweils ein Gegenspieler den Ball entscheidend ab, so dass das Zuspiel beim späteren Torschützen landet und in der 90. Minute hätte Schiedsrichter Zwayer dann auch auf Elfmeter für Leipzig entscheiden können – nachdem er in der ersten Halbzeit dem FCN einen klaren Elfmeter versagt hatte. Doch es war eben nicht in der Hauptsache Glück, wie einige andere Male, was die Unbesiegt-Serie am Laufen ließ. Es war das eigene Können.

Vierzehn Tage wird jene Serie sicher noch halten. Schließlich folgt auf das Spitzenspiel eine Länderspielpause. Danach aber kommen mit dem FSV Frankfurt und dem MSV Duisburg zwei Gegner, die unter „müssen wir schlagen“ fallen und genau deshalb extrem gefährlich sind. Wahrscheinlich wird sich das Wohl und Wehe in Sachen direktem Aufstieg in jenen Spielen entscheiden, in denen die Aufstiegsanwärter sichere Siege einplanen und an der eigenen Erwartungshaltung scheitern. Eine Erwartungshaltung, für die beim FCN – im Gegensatz zum sonntäglichen Gegner – vor allem die Mannschaft gesorgt hat.

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