Manchmal erzählt ein Blick auf die pure Notation eines Spiels nichts; nichts vom Drama, nichts von der Emotion, nichts von der Geschichte des Spiels. Manchmal aber lässt schon aus der sterilen, kalten Statistik schon alles erahnen: Cohen (90.+1 Nilsson) (…) 1:2 Nilsson (90.+2). Aus jener Stenografie lässt sich der Jubel, die Extase, das ungläubige Staunen bereits erahnen mit dem Glubberer allerorten auf den Last-Minute-Sieg in Wolfsburg reagiert haben dürften. Es war nicht der erste Sieg dieser Art in dieser Saison, auch nicht der erste dieser Art in Wolfsburg, dennoch drückt der Sieg etwas besonderes aus: Die Reifung der Mannschaft und ihre Fähigkeit nun auch Spiele zu gewinnen, in denen sie nicht gut spielt.

 

Als Philipp Wollscheid den Ball nach drei Minuten im Tor von Thomas Kessler unterbrachte, waren vier weitere Club-Tore vorprogrammiert. Schließlich trifft der 1. FC Nürnberg zuhause in der Bundesliga gegen St. Pauli entweder gar nicht oder gleich fünfmal. Dass diese Serie hielt verdankte der Glubb an diesem Nachmittag vor allem einem: Christian Eigler. Viel gescholten, ob seiner limitierten technischen Fähigkeiten, lieferte der Ur-Franke eine denkwürdige Leistung ab, traf vier Mal ins Tor von Thomas Kessler und sorgte für einen entspannten Nachmittag für alle Beteiligten.

 

Dieter Hecking hatte sich vor dem Spiel klar positioniert: Gegen Frankfurt sei der FCN Favorit, so der Fußballlehrer. Er sollte Recht behalten: Das Spiel hatte alle Züge, die ein Heimspiel eines Favoriten gegen einen krassen Außenseiter meist mit sich bringt: Einen Gast, der sich auf Verteidigen und Kontern beschränkt; einen Gastgeber, der geduldig versucht den Abwehrriegel des Außenseiters zu durchbrechen; ein glückliches erstes Tor, das den Favoriten auf die Siegerstraße bringt. Eine Straße, von welcher der 1. FC Nürnberg seit vier Wochen nicht abgebogen ist und auf der er es gegen Frankfurt am Ende zu einem 3:0-Erfolg brachte.

 

Das Augenmerk war auf einen anderen gerichtet: Auf Julian Schieber; auf dessen Rückkehr zum VfB Stuttgart; seine Rückkehr zum einzigen Profi-Verein, für den er bislang gespielt hatte; seine Rückkehr zum Verein, zu dem er im Juli wieder zurückkehren wird. Alle schauten darauf, dass Schieber mit jedem Tor gegen den VfB sich selbst in Richtung zweite Liga schießt. Sie achteten darauf, dass Schieber im ganzen Spiel nicht jubelte, nicht lächelte: Nicht nach seiner Vorlage, nicht nach seinem Tor, nicht einmal nach dem Ende der 90 Minuten, als der 1. FC Nürnberg den VfB Stuttgart mit 4:1 besiegt hatte. Kaum jemand achtete auf den 20-jährige Deutsch-Amerikaner, der das Spiel mit den gleichen Statistiken wie Schieber verließ: Ein Tor, eine Vorlage.

 

Glaubt man Leverkusens Trainer Jupp Heynckes, so hat am gestrigen Samstag im Max-Morlock-Stadion zu Nürnberg kein Fußballspiel stattgefunden: Seine Mannschaft konnte nicht Fußball spielen, weil der Gegner sie auf brutalst mögliche Weise darin gehindert hat und dabei natürlich auch keinen Fußball gespielt hat. Eine Alternative dafür, was es dann stattdessen war, was da auf dem Rasen stattgefunden hat, bot Heynckes nicht. Ein bedauerliches Versäumnis des Mannes im Rentenalter, der damit verpasste dem geneigten Zuschauer noch mehr Einblick in seine Gedankenwelt zu geben. So hinterließ Heynckes den Eindruck eines schlechten Verlierers, der die Gründe für die verdiente Niederlage seiner Mannschaft partout nicht in den eigenen Reihen suchen wollte. Gründe, die auch in der Stärke des gastgebenden 1. FC Nürnberg lagen, in dessen Laufbereitschaft, dessen Kampfkraft, aber auch dessen Raumordnung und Disziplin.

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