Während manch Politiker und Sportfunktionär im Mai vor der Wiederaufnahme der Saison den großen Fanansturm vor den Stadien herbeifürchtete, schluckten wir Fans die Kröte Geisterspiele. Keine Massenaufläufe, keine radikalen Protestformen an den Spieltagen, nein, stattdessen forcierte man vielerorts das soziale Engagement und tat seinen Unmut über das Geschäft mit der Ware Fußball mit Stellungnahmen und Spruchbändern kund. Die DFL entwickelte zuvor noch ein fragwürdiges Hygienekonzept, welches sie selbst nach Ihrem Bemessen im Falle von Nichteinhaltung sanktionieren durfte und welches aber zeitgleich für die Politik als Legitimation des viel zu frühen Re-Starts der Bundesliga galt. Währenddessen verhandelte die DFL auch munter weiter über die TV-Rechte ab der Saison 2021/2022, ungeachtet der Tatsache, dass man wohl auch in der kommenden Spielzeit Gefahr laufen könnte, den Zeitplan auf Grund eines abermaligen Anstiegs von Infizierten nicht einzuhalten. Wir Fans durften wiederum das Premiumprodukt Bundeliga auf den Kanälen unterschiedlichster Pay-TV-Sender verfolgen. Eine Entfremdung vieler Menschen zum Fußball an sich ist wenig überraschend die Folge. Von Versprechen wie einer „Task Force Profifußball“ seitens der DFL oder einem „5 Punkte- Plan“ zur nachhaltigen Veränderung des Sports von DFB-Präsident Keller ist aktuell nur noch wenig zu hören. Das breit aufgestellte Fanbündnis „Unser Fußball“, unterstützt von über 2500 Fanclubs und 13000 Einzelpersonen, wird da wohl eher als lästige Randerscheinung von den Verbandsoffiziellen aufgefasst. Ist das eure groß proklamierte gesellschaftliche Verantwortung?

Stattdessen wollten DFB und DFL mit dem Hygienekonzept zur Zulassung einer begrenzten Anzahl von Stadionbesuchern pro Spieltag womöglich das aufgebrachte Fanvolk beruhigen oder, noch wahrscheinlicher, für zwei, drei gute Kameraeinstellungen im Pay-TV sorgen. Für uns als aktive Fans war dieses Konzept aber von Anfang keine Lösung. Es ist in unseren Augen ein weiterer Schritt dahin, das grundsätzliche Problem im Umgang mit den Stadionbesuchern zu verschärfen. Zunächst einmal ist uns vollkommen klar, dass in Zeiten einer weltweiten Pandemie, die Forderung einer sofortigen Öffnung für alle Stadionbesucher unverantwortlich wäre. Wie uns in den letzten Tagen bewiesen wurde, ist selbst die geplante Teilöffnung der DFL zunächst nicht umsetzbar. Genauso sehen wir aber die Verbände und die Vereine in der Pflicht, verantwortungsbewusst zu handeln. Weder die Teilzulassung von Zuschauern noch die nun im Raum stehenden Geisterspiele bis Ende Oktober sind für uns akzeptabel. Die Spielzeit 2020/2021 darf erst dann ausgetragen werden, wenn die Stadien zu 100 Prozent ausgelastet werden können, weil sie als soziale Begegnungsstätten nicht mit dem Konzept des „Social Distancing“ zusammenpassen.

Doch dies stand scheinbar für keinen Verein wirklich zur Debatte. Stattdessen hört man nur das unsägliche Gefasel der Herren aus München und Dortmund oder bestaunt ungläubig die perfiden Ansätze des 1. FC Köln zur Vergabe von Dauerkarten. Auch unser 1. FC Nürnberg glänzt bisher eher mit Schweigen, als mit einer klaren Positionierung. Wir hoffen natürlich, dass sich dies noch ändert. Wir sehen nicht nur die Verbände, sondern gerade die Vereine in der Pflicht, sich für ein Umdenken hinsichtlich einer gerechteren Verteilung der TV-Gelder, der Einführung einer Gehaltsobergrenze und damit die Schaffung eines langfristig fairen und ausgeglichenen Wettbewerbs sowie einer verstärkten Berücksichtigung der Interessen ihrer Vereinsmitglieder und der selbstorgansierten Fankultur einzusetzen.  

Ein möglicher Stadionbesuch ab November wird unter den im Konzept von DFB und DFL genannten Voraussetzungen nicht der sein, den wir alle kennen und lieben. Von einer minutiös geplanten An- und Abreise, stundenlangen Warten am Einlass bis hin zu einer massiven Reglementierung des Verhaltens im Stadionbereich wird einem dann vieles abverlangt werden, dass so überhaupt nicht zu dem uns bekannten Erlebnis Spieltag passen kann. Nach der Vollversammlung der DFL und der ihr anhängigen Vereine Anfang August folgte der eigentliche Hammer: Mehrheitlich wurde eine Schließung der Stehplatzbereiche, ein komplettes Streichen des Gästekontingents und der Verkauf von ausschließlich personalisierten Tickets beschlossen. Auch wenn alle Beschränkungen temporär begrenzt sein mögen und der Schutz vor einer nicht nachvollziehbaren Infektionskette hierbei im Vordergrund stehen mag, greift dieser Beschluss jedoch die drei wichtigsten und unverhandelbaren Grundsäulen unserer hiesigen Fankultur an. Wiederum lässt es auch die Frage aufkommen, welche dieser Maßnahmen auch nach der Pandemie in die Sicherheitskonzepte der Veranstalter aufgenommen werden. Personalisierte Tickets sowie Beschränkungen von Kontingenten für Gästefans sind selbstverständlich grundsätzlich abzulehnen. Weiterhin gibt es auch viele Unklarheiten, deren Lösung man dann aber lieber den jeweiligen Vereinen und den Gesundheitsämtern in der Region überlässt. Dazu gehören unter anderem die grundsätzliche Verteilung der Eintrittskarten bei einer normalerweise hohen Auslastung des Stadions und die Koordination der Anreisewege.

Wir maßen uns nicht an hiermit irgendjemanden den Stadionbesuch streitig machen zu wollen. Vor allem bei vielen unterklassigen Vereinen, wo 500-1000 Zuschauer womöglich schon einen großen Teil der Spieltagseinnahmen ausmachen, ist es verständlich, dass man sich diesen Plänen nicht komplett verschließt, um einen finanziellen K.O. des eigenen Vereins zu verhindern. Doch würde das Fußballsystem gerechter funktionieren, wären solche Ängste und Überlegungen gar nicht notwendig. Wir wollen Euch bewusst machen, dass der verfrühte Start der Saison 2020/2021 – mit Teilöffnung oder ohne Teilöffnung - nur ein weiterer Schritt der Verbände ist, ihre Macht zu zementieren und nachhaltige Veränderungen des Profifußballs auf die lange Bank zu schieben. Sollte das neue Konzept zur Teilöffnung tatsächlich ab November greifen (was bei den steigenden Fallzahlen momentan noch mehr als fragwürdig ist), werden wir uns sicherlich um keine Tickets für dieses Spektakel bemühen und verstehen jeden, der hier genauso denkt. Wir als aktive Fanszene werden erst wieder die Spieltage unseres Glubbs aktiv im Stadion mitgestalten, wenn wir ohne Einschränkungen das Max-Morlock-Stadion betreten können. Eine mögliche Teilöffnung ist kein Kompromiss. Das Stadion als soziale Begegnungsstätte funktioniert unter diesen Voraussetzungen einfach nicht. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Glubbfamilie in erster Linie durch ihre sozialen Kontakte und das Miteinander lebt.

Unsere Forderung ist klar. Wir sehen die Vereine und DFL sowie DFB in der Pflicht ihr Business zu reformieren, es zu gesunden und auf eine basisnahe und nachhaltige Zukunft einzustellen. Wir fordern hiermit auch nochmals alle Glubbfans dazu auf, sich beispielweise über die Kampagne „Unser Fußball“ für einen Diskurs der Verantwortungsträger mit uns Fans und für die Forderungen der „Fanszenen Deutschlands“ einzusetzen. Der Fußball braucht dringend Veränderungen und neue Impulse, die von uns Fans kommen müssen!

NORDKURVE NÜRNBERG

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