Aus der Ferne betrachtet sieht vieles anders aus. Ecken und Kanten verwischen, Flecken verschwinden, Feinheiten werden unsichtbar. Aus der Ferne betrachtet ist das 5:1 bei Arminia Bielefeld ein guter Auftakt der Pflichtspielsaison, ein würdiger Abschluss der makellosen Vorbereitung auf die Bundesligasaison. Aus der Nähe betrachtet hingegen, gab es noch so manches, das dem scharfen Beobachter missfällt. Dies gilt vor allem für die 25 Minuten bis Markus Feulner begann das Bielefelder Tor aus der Ferne zu beobachten und den Ball dann dreimal in kurzer Folge aus der Ferne dort versenkte.

 


 

 

Der 29-jährige Neuzugang aus Dortmund war unzweifelhaft der Mann des Spiels, sein lupenreiner Hattrick drehte und entschied die Partie gleichermaßen. Mehr als fünf Jahre ist es her, dass ein Club-Spieler in einem Pflichtspiel ein derartiges Kunststück vollbrachte und im Gegensatz zu Robert Vittek 2006, benötigte Feulner dafür sogar keine zwei Elfmeter. Die Hoffnung, dass der gebürtige Bamberger durch seine Fernschüsse dem Offensivspiel des FCN ein Element der Gefahr hinzufügt, hat durch den Auftritt auf der Alm Nahrung erhalten. Womöglich müssen diejenigen, die auf Grund seiner geringen Einsatzzeit in den vergangenen zwei Jahren berechtigterweise am Einkauf Feulners zweifelten, ihre Meinung revidieren. Es wäre wünschenswert.

 

Neben dem Oberfranken fiel vor allem ein junger Slowake auf, der so scheint es, die Sommerpause für einen gewaltigen Sprung genutzt hat. Trainer Hecking hatte es schon ankündigt, die Testspiele hatten es angedeutet, Robert Mak hat sich weiter entwickelt. Der 20-Jährige wirkt körperlich robuster, hat aber dadurch nichts von seiner Explosivität verloren. Er setzte seine Schnelligkeit gewinnbringend ein, suchte aber nicht mehr um jeden Preis das direkte Duell und krönte seinen Einsatz indem er erst einen Abwehrfehler eiskalt ausnutzte und zum 4:1 einnetzte und danach noch das 5:1 mit einer Traumflanke vorbereitete. Bestätigen sich diese Eindrücke, so kann Mak sich schnell zur festen Größe und zur Neuentdeckung der Saison entwickeln.

 

Jenseits der beiden herausragenden Akteure blieb jedoch vieles in Ostwestfalen noch Stückwerk. Das Passspiel im ersten Viertel des Spiels war unsauber und ungenau, zu oft landete der Ball nicht dort wo er hin sollte. Auch scheint es, als ob die Mannschaft noch nicht genau weiß, wie sie damit umzugehen hat, dass nun ein Funkturm und kein Festungsturm mehr im Sturm steht. Der Unterschied zwischen Pekhart und Schieber sind mehr als die sechs Zentimeter Körperlänge. Auch wenn der junge Tscheche beim 5:1 andeutete, wo seine Torgefahr liegt und einen Premierentreffer erzielte, so wirkte er ansonsten oft noch wie ein Fremdkörper, verloren und nicht ins Spiel eingebunden. Die Zeit wird zeigen, ob dies ein systematisches Problem ist oder nur eines der Eingewöhnung.

 

Eigentlich keine Eingewöhnung dürfte der Großteil der Viererkette benötigen, dennoch sahen beide Außenverteidiger am Samstagnachmittag beim Gegentor mindestens unglücklich, tendenziell sogar schlecht aus. Als sich Timothy Chandler von Bundesligaveteran Markus Schuler austanzen ließ, da befielen einen kurzfristig Sorgen, dass der zweifache US-Nationalspieler über den Sommer wieder vergessen hatte, dass er nun Defensivspieler ist. Doch nicht nur in dieser Szene sah der 21-Jährige unglücklich aus. Es bleibt zu hoffen, dass er vom dem verschont wird, was im Land für das er international spielt als „Sophomore Slump“ bekannt ist, dem Abfallen der Leistung in der zweiten Saison. Beim Gegentor sah jedoch nicht nur Chandler unglücklich aus, sondern auch Javier Pinola, der den Ball in den Lauf von Tim Jerat klärte, der den Ball dann ins Tor hämmerte.

 

Viele der Unstimmigkeiten und Ungenauigkeiten im Defensivverbund sind sicherlich dem Einrosten der Automatismen unter Wettbewerbsbedingungen geschuldet und dürften in einigen Wochen verschwinden. Insgesamt gesehen hatte Markus Feulner dennoch recht, als er nach dem Spiel attestierte, dass zu viele Chancen zugelassen wurden und eine derartige Leistung in Berlin zum Bundesligaauftakt nicht ausreichen würde. Doch betrachtet man die Leistungen anderer Erstligisten in der ersten Pokalrunde, so zaubert auch eine simple Pflichterfüllung, wie die des FCN in Bielefeld, ein Lächeln ins Gesicht. Ein Lächeln, das man auch aus der Ferne noch ganz zart erkennen kann.

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