Ein Spiel zu verlieren, weil man schlechter war, ist ärgerlich, aber irgendwann zu akzeptieren. Ein Spiel zu verlieren, weil man dem Gegner Tore schenkt, weil man mehr individuelle Fehler begeht, ist dagegen dämlich und nicht zu akzeptieren. Weder am Mittwoch in Hannover, noch am Samstag in Nürnberg hätte der FCN verlieren müssen, er tat es, weil jeweils einer der Innenverteidiger komplett in sich zusammenbrach. So bedingte der Auftritt in Hannover einen Personalwechsel, welcher wiederum die Niederlage gegen Stuttgart bedingte. Es mag zu kurz und zu plakativ sein, den Niederlagen die Namen Per Nilsson und Marcos Antonio zu geben, zumindest Taufpaten sind sie aber sicher.

Es war sicher konsequent und richtig Per Nilsson nach seinem desaströsen Auftritt in Hannover auf die Bank zu setzen. Schließlich war Marcos Antonio ja auch nach  einem einzigen Katastrophenspiel zum Reservisten gemacht worden. So gesehen war es auch richtig, den Brasilianer am Samstag erneut auflaufen zu lassen, schließlich ist es sinnlos einen Spieler zu haben, den man nicht einsetzt. Seine Horrorviertelstunde am Samstag allerdings lässt keinen anderen Schluss zu als dass der FCN nun einen Spieler hat, den er nicht mehr einsetzen kann. So schnell hat in Nürnberg kein Spieler mehr Zweifel an seiner Bundesligatauglichkeit aufkommen lassen seit Leandro Silva im November 2004 trotz 2:0-Führung und Überzahl nach dreißig Minuten ausgewechselt wurde.

Der 29-jährige Marcos Antonio Elias Santos brauchte keine halbe Stunde, er brauchte nur 25 Sekunden. Warum er den Querpasse von Timm Klose mit dem Außenrist zu Raphael Schäfer schubsen wollte, warum er Vedad Ibisevic übersah, das wird er sich wohl selbst am häufigsten fragen. Warum der FCN nie ins Spiel fand, das beantwortet die Aktion jedoch sehr gut. Wie ein Mückenstich zog die Aktion – und eine ähnliche zehn Minuten später – die ganze Aufmerksamkeit der Mannschaft auf sich, die trotz 61% Ballbesitz , 82% Passquote und 55% Zweikampfquote  nicht substantiell ins Spiel fand.

Auch in Hannover war man schon nicht das mannschaftlich schlechtere Team gewesen, hatte vom Zahlenwerk her sogar ein ordentliches Spiel (51% Ballbesitz, 81% Passquote, 53% Zweikampfquote) abgeliefert, dem Gegner aber in Person von Per Nilsson Tore auf dem Silbertablett serviert. Die Aussage, dass beide Niederlagen der Innenverteidigung geschuldet sind, ist sicherlich nicht falsch, ignoriert aber, dass Timm Klose inzwischen klar Innenverteidiger Nummer Eins ist und das nicht nur, weil die anderen beiden ungenügende Leistungen bringen.

Gerade gegen Stuttgart antizipierte Klose viele Bälle richtig, spielte im ganzen Spiel nur zwei Fehlpässe, gewann alle Kopfballduelle und war ebenso am Boden sehr zweikampfstark. Das Urteil bester Nürnberger Spieler hatte er sich an diesem sonst eher trostlosen Samstagnachmittag redlich verdient. Schon in Hannover hatte der Schweizer nur wenige Luftkämpfe nicht für sich entscheiden können, einen Großteil seiner Pässe angebracht, allerdings auch mit einem Fehlpass im Spielaufbau das 0:1 eingeleitet.

In der jüngeren Vergangenheit hatte der FCN immer dann massive Probleme, wenn er in der Innenverteidigung schwächelte. Die Sieglosserie im Vorjahr kam als Timm Klose schwächelte; 2002 stieg man unter anderem ab, weil man mit Dusan Petkovic in der Innenverteidigung zu lange an einem Totalausfall festhielt,  der Abstieg 2008 erfolgte nicht zuletzt, weil Glauber nach seinem Bandscheibenvorfall nicht mehr fit wurde, Beauchamp und Spiranovic nicht einspringen konnten und Abardonado zu spät eingesetzt wurde. Der Aufstieg im Jahr darauf wäre fast an den Experimenten Mitreski und Goncalves gescheitert, erst mit der Leihe von Stefan Reinartz ging es bergauf. Es ließen sich noch weitere Beispiele finden, doch es zeigt sich, wenn sich die Innenverteidigung nicht schnell stabilisiert, wird es eine unglaublich harte Saison werden.

Der Fokus auf die Abwehrarbeit soll nicht bedeuten, dass in den beiden Spielen das Offensivspiel überragend war. Die Gegner haben schnell herausgefunden, dass sie die Ecken von Hiroshi Kiyotake bullig und aggressiv verteidigen müssen und den Japaner auch im Spiel hart angehen müssen. Da sonst kein Spieler auf dem Feld ist, der das Spiel an sich reißen kann, fällt die Offensivproduktion dann eher mau aus. In Hannover gab es in 90 Minuten nur einen Schussaufs Hannoveraner Tor, der von innerhalb des Strafraums abgegeben wurde und auch gegen Stuttgart kamen die meisten Torschüsse von außerhalb des Sechzehnmeterraums.

Es fehlte dem FCN die Fähigkeit das Flügelspiel in effektiver Form zu aktivieren. Es war daher auch in sich logisch nach dem Hannover-Spiel Esswein und Mak nicht wieder aufzubieten und Gebhardt und Frantz eine Chance zu geben. Eine Chance, die Frantz nicht nutzen konnte, der 25-Jährige war zwar bemüht, strahlte aber keinerlei Gefährlichkeit aus, da er kaum ins Spiel eingebunden war, in seinen 57 Minuten Einsatz hatte Frantz weniger Ballkontakte als der nach 15 Minuten ausgewechselte Antonio. Gebhardt schoss immerhin dreimal aufs Tor, legte drei Torschüsse auf, wirkte damit insgesamt gefährlicher, verzettelte sich aber oft und traf oft die falschen Entscheidungen.

Durch die fehlende Durchsetzungskraft auf den Flügeln wurde zusätzlich Tomas Pekhart vereinzelt auf die Außen gezogen, wodurch ein Angriffsspiel nach Konzept natürlich noch schwieriger wurde. Überhaupt gilt für den Tschechen das, was man ihm seit seiner Ankunft in Nürnberg attestieren kann, er läuft viel – in Hannover lief keiner mehr als er, in Nürnberg waren Cohen und Kiyotake minimal „laufstärker“ – kommt aber selten an den Ball und kann diese noch seltener  gefährlich verwerten. Womöglich hätte es früher im Spiel eines zweiten Sturmpartners bedürft, gerade gegen die eher passiven Stuttgarter wäre hierin vielleicht ein Mittel gewesen. Andererseits viel schon mit „Doppelsechs“ das 0:2 durch einen Konter.

Es gilt nun in Freiburg noch vor der Länderspielpause ein positives Resultat zu erringen, da sonst der gute Eindruck der ersten drei Spiele komplett ausgelöscht ist. Man merkte es schon am Samstag auf den Rängen, das Spiel in Hannover hat seine Wunden hinterlassen, das in Stuttgart weitere hinzugefügt. Eine lange Negativserie kann sich die sportliche Leitung nicht leisten, gerade wenn sie auf einem hausgemachten Problem – der Innenverteidigung – beruht.

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