Die wichtigste Erkenntnis am Samstagnachmittag schien schnell gefunden: Nach 453 Minuten hat der FCN das gegnerische Tor wiedergefunden. Wichtiger als das pure Ereignis ist jedoch das, was für den Erfolg verantwortlich war. Geschuldet war er nämlich einer Umstrukturierung im Spielaufbau, konsequenter Zweikampfführung und einer starken Defensive. Die Folge dessen war nicht nur der erste Treffer nach über sieben Stunden, sondern auch der erste Sieg nach sechs sieglosen Partien. Besonders wertvoll war dieser Sieg aus zwei Gründen: Er war verdient und zeigte, dass Mannschaft und Trainer lernfähig sind.

 

Die Mannschaft operierte nämlich nicht wie in den Vorwochen mit langen Bällen, sondern versuchte den Ball flach über die Außen bis an den Wolfsburger Strafraum zu tragen. Dabei kam zwei Spielern besondere Bedeutung zu: Patrick Rakovsky und Hanno Balitsch. Es war stets einer der beiden, die den Ball auf die Außen zu bringen hatten. Der junge Keeper, der eine nahezu tadellose Leistung ablieferte, warf immer wieder schnell zu Chandler oder Plattenhardt ab und verlieh dem Nürnberger Offensivspiel damit erhöhtes Tempo. Waren die beiden Außenverteidiger nicht anspielbar, legte der 19-Jährige den Ball flach auf Hanno Balitsch ab, der dann seinerseits die äußeren Mittelfeldspieler (Kiyotake oder Esswein) bediente.

Besonders in der ersten Halbzeit fanden die Flanken der vier Außenspieler zu selten einen Abnehmer, doch die Neuausrichtung des Offensivspiels war am Ende eben doch fruchtbar. Schließlich entstand aus einer der Flanken das einzige Tor des Nachmittags: Alexander Esswein wechselte mit schönem Flachpass von links auf rechts, bediente damit Timothy Chandler, der über das gesamte Spiel gesehen mit sieben Flanken zwei Flanken mehr schlug als das gesamte Wolfsburger Team.  Er zog den Ball lang über die gesamte Gästeabwehr, in deren Rücken löste sich Timo Gebhart von Fagner, kam frei zum Kopfball und ließ Diego Benaglio keine Chance zu reagieren.

Wolfsburg hatte dem – wie am gesamten Nachmittag – nichts mehr entgegenzusetzen. Der erste Heimsieg seit dem 11. April war nach Gebharts Treffer ungefährdet. Das lag auch daran, dass den Gästen von der Club-Defensive wenig Platz gelassen wurde. Immer wieder standen Klose, Nilsson und Simons den Wolfsburger Ballverteilern Polak, Josue und Diego auf den Füßen, ließen ihnen wenig Entfaltungsspielraum und raubten ihnen schnell die Lust am Spielen. Da auch keiner in der FCN-Abwehr den vor Wochenfrist von den Nürnberger Nachrichten beschworenen „Selbstzerstörungsmechanismus“ auslöste, blieb der Glubb im zweiten Heimspiel in Folge ohne Gegentor.

Die Mannschaft zeigte mit der Geduld, Ruhe und Abgeklärtheit in Offensiv- wie Defensivspiel, dass der sich anbahnende Abstiegskampf aller Negativerlebnisse zum Trotz erfolgreich bestritten werden kann. Es spricht auch für Dieter Hecking, dass er erkannt hat, dass das in den vorigen Partien abgelieferte Quarterback-Spiel eben nicht zielführend ist, dass er stattdessen umstellt und versucht die Stärken der eigenen Offensivspieler besser auszunutzen. Schließlich ist ein Stürmer vom Schlage Tomas Pekharts ohne Flanken von außen ebenso wirkungslos wie ein Kreativspieler vom Schlage Hiroshi Kiyotakes, wenn er durch hohe, lange Bälle über seinen Kopf komplett aus dem Spiel genommen wird.

All dies geschah am Samstag nicht. Stattdessen wurde versucht ein anderes ein besseres Spiel aufzuziehen. Der Erfolg gab der Mannschaft und Hecking gleichermaßen Recht und Selbstvertrauen. Darauf muss am Freitag in Mainz aufgebaut werden, damit man einigermaßen entspannt in die nervlich auch ohne Tabellendruck belastenden Derbywochen gehen kann.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Ok