Manchmal schreiben sich Spielberichte von selbst, da gibt es ein Thema, einen Erzählfaden, der sich durch Spiel und Spielbericht gleichermaßen zieht. Manchmal aber fehlt den Spielen diese übergeordnete Erzählung und man versucht krampfhaft, eine derartige Erzählung zu basteln. Teilweise gelingt es durch historische Parallelen, teilweise durch Kleinigkeiten, die man erzählerisch erhöht. Für das Spiel am Freitagabend in Mainz gilt dies in besonderem Maße, schließlich war es ein Spiel, das dem vom Vorjahr stark glich und durch eine Kleinigkeit – einen Zweikampf zwischen Mainz‘ Müller und Nürnbergs Plattenhardt – entschieden wurde, sonst aber vor allem Stückwerk zu bieten hatte.

 

Stückwerk wie eine Club-Abwehr, die fünfundzwanzig Minuten lang vergisst, dass sie eigentlich zu den sichersten der Liga gehört, wenn sie nicht den Selbstzerstörungsknopf drückt, dabei zwei Tore zulässt, nur um danach sechzig Minuten lang quasi gar keine Torchancen mehr zuzulassen und die Mainzer Tormaschine Adam Szalai völlig kaltzustellen. Stückwerk, wie ein Schiedsrichter, der viele kleine Fouls unterband, Gelbe Karten am Fließband und sogar gegen Bankspieler zückte, vor dem 1:0 der Mainzer aber einen Rempler von Müller gegen Plattenhardt tolerierte. Stückwerk, wie eine Nürnberger Offensive, die bis an die Ränder des gegnerischen Strafraums ordentlich kombinierte, nur um dann völlig planlos und unsauber zu agieren.

Augenfällig wurde die Unsauberkeit in vier falschen Einwürfen der Nürnberger, in zum Teil aussichtsreichen Positionen; die Planlosigkeit zeigte sich in einigen Flanken ins Niemandsland, aber auch daran, dass das Tor des FCN einmal mehr aus einem Kiyotake-Standard heraus fiel. Mit Per Nilsson erzielte auch das neunte Saisontor ein Spieler, der in der laufenden Saison noch nicht getroffen hatte. So charmant diese Statistik anmutet, so wohlwollend man sie als Unberechenbarkeit auslegen kann, so macht sie eines überdeutlich: Der FCN hat keinen Torjäger in seinen Reihen, eigentlich noch nicht einmal jemanden mit Jagdschein.

Dies mag natürlich an der fehlenden Unterstützung aus dem Mittelfeld liegen. Zumindest wirkte es in Mainz über weite Strecken der zweiten Halbzeit so. Die Hausherren überließen dem FCN das Heft des Handelns, agierten selbst auch maximal in Form von Stückwerk, doch der Glubb konnte daraus kein Kapital schlagen, kam nicht einmal zu minimal gefährlichen Halbchancen. Es wurde aber auch wieder einmal deutlich, dass weder Tomas Pekhart noch Sebastian Polter Spieler sind, die mit dem Gesicht zum Tor effizient agieren können. Die Stärke beider liegt im Spiel mit dem Rücken zum Tor, im Ablegen von Bällen auf die nachrückenden Mittelfeldspieler.

In Spielen wie in Mainz, wo aber eine Defensive geknackt werden muss, die sich auf ihrem Vorsprung ausruht und auf Konter setzt, fehlt beiden die Fähigkeit sich mit dem Gesicht zum Tor im Eins-gegen-Eins durchzusetzen. Gepaart mit angesprochener Unsauberkeit in den Anspielen, die Fehlpassquote lag bei über 28 Prozent, ergab sich so eine erschreckende Harmlosigkeit vor dem Tor der Mainzer. Natürlich ist dies keine neue Einsicht, sondern eher eine der Schlüsselerkenntnisse aus dem ersten Saisondrittel, so dass hier deutlicher Handlungsbedarf besteht.

Dennoch war das Spiel keine Vollkatastrophe wie andere in dieser Spielzeit, dafür war zu viel Laufbereitschaft und Wille erkennbar. Das Offensivspiel war zumindest nicht auf „Hail Mary“-Pässe beschränkt und die Hoffnung irgendwie doch zum Ausgleich zu kommen ging nie völlig abhanden – im Gegensatz zu den Spielen in Freiburg oder gegen Stuttgart. Der Druck vor den beiden Derbys in den kommenden Wochen ist jedoch damit nicht kleiner geworden. Zur emotionalen Verpflichtung Resultate zu liefern, tritt nun auch noch die sportlich-punktetechnische. Stückwerk genügt nun sicher nicht mehr.

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