Die Empörung ist – neben der Verzweiflung – einer der Grundzustände des Fußballfans. Man empört sich über falsche Aufstellungen des Trainers, falsche Pässe des Spielers und falsche Entscheidungen des Schiedsrichters. Worüber man sich in der Regel nicht empört sind die Regelverstöße des eigenen Teams, die sind irgendwie rational zu begründen oder werden in einer Art kosmischen Verhandlung gegen all die Missetaten gegen die eigenen Spieler aufgerechnet. Der Sieg am Sonntagnachmittag gegen Borussia Mönchengladbach dürfte dafür ein Paradebeispiel sein. Eine offensichtliche und unsportliche Schwalbe von Mike Frantz gab dem Spiel eine Wendung zum positiven für den FCN. Empört haben sich darüber nur die Gladbacher, für die meisten Nürnberger war es lediglich der umgehende Ausgleich für die Vorwoche.

 

Dabei war der Täuschungsversuch so offensichtlich, dass man sich als Nürnberger zumindest bei Betrachtung der Fernsehbilder fremdschämen musste. Für den Schiedsrichter, der auf den eingesprungen Rittberger mit halber Schraube reinfiel und für den eigenen Spieler, der sich erdreistete derart plump zu täuschen. Das ist besonders schade, weil die restliche Leistung des für den verletzten Timo Gebhart in die Mannschaft gerutschten Frantz aller Ehren wert war. Äußerst agil, weite Wege gehend, aufopferungsvoll kämpfend.  Eigentlich lassen sich nur positive Aspekte aus dem Auftritt des 26-Jährigen ablesen, wäre da nicht die Schwalbe. Es ehrt den Saarländer, dass er nach dem Spiel sagte, er hätte als Schiedsrichter den Elfmeter nicht gepfiffen. Doch wäre es nicht besser gewesen, er hätte die Schwalbe nicht begangen?

Eine komplizierte Frage, gerade weil die Erinnerung an ein Spiel, das durch einen unberechtigten Elfmeter zu den eigenen Ungunsten entschieden wurde, auf Nürnberger Seite noch gar so frisch ist. Ist das nun sofortige ausgleichende Gerechtigkeit oder nur das Weiterschieben von Ungerechtigkeiten? Es möge jeder selbst eine Entscheidung fällen, es bleibt jedoch unbenommen, dass dem Sieg – dem ersten unter Leitung von Michael Wiesinger und Armin Reutershahn – ein Makel innewohnt. Die Größe des Makels festzulegen obliegt jedem Betrachter selbst.

Die Größe des Sieges hingegen ist unzweifelhaft. Nicht allein, weil sich der FCN damit acht Punkte vom Relegationsplatz entfernt hat, sondern auch, weil die Mannschaft unter Beweis stellte, dass sie auch unter dem neuen Trainergespann die Charakterfeste hat, die existenziellen Spiele zu gewinnen. Nach den Ergebnissen des Vortags stand das Team nämlich durchaus unter dem Druck gewinnen zu müssen. Sie taten es. Auch wenn der Sieg nicht immer hübsch anzusehen war, eines war er sicher nicht: Ein Rückschritt.

Die Bereitschaft ins Risiko zu gehen war dem Offensivspiel deutlich anzumerken – und ist einer der Gründe für die hohe Fehlpassquote von 31%; der andere ist Unkonzntriertheit im Aufbauspiel. Die Strategie mit aggressivem Pressing und frühem Stören die Gladbacher zu Fehlpässen zu zwingen, war zwar in absoluten Zahlen nicht erfolgreich – weniger als 15% der Gladbacher Pässe gingen daneben – aber am Ende entscheidend. Denn einmal war das Stören so erfolgreich, dass Hiroshi Kiyotake Thorben Marx den Ball abnehmen konnte und im Anschluss das 2:0 einleitete.

Dieses 2:0 erzielte mit Tomas Pekhart der zweite Spieler, der einen außerordentlich guten sportlichen Tag erwischt hatte. Nicht nur, dass er das 2:0 eiskalt in bester Torjägermanier erzielte, auch sonst wirkte der Tscheche gedanklich frisch und körperlich agil, kaum wiederzuerkennen von den staksigen, holprigen Auftritten, die er auch schon auf den Rasen gelegt hatte. Geradezu passend, dass der 23-Jährige völlig geschockt darüber war, dass er nach 68 Minuten vom Platz musste. Gerne hätte der Stürmer weitergespielt, womöglich hätte er ein weiteres Tor erzielt.

Die Chance dies zu tun hatten nach seiner Auswechslung auch noch andere, doch es sollte nicht gelingen. Stattdessen musste am Ende doch noch einmal gezittert werden, obwohl die letzte Linie in der Defensive (mit einigen Abstrichen bei Javier Pinola) eigentlich stets gut stand. Die einzige Schwierigkeit der Verteidiger lag darin, mit der Geschwindigkeit von Patrick Hermann umzugehen.  Es war folgerichtig, dass er das einzige Gladbacher Tor schoss.

Das eigentliche Problem der Defensive war nicht die letzte Linie, sondern die Linie davor, das Mittelfeld; es bekam zu selten Zugriff auf die schnellen, passsicheren Gladbacher Mittelfeldspieler. Diese hatten jedoch Probleme damit, die Nürnberger Deckung in letzter Instanz zu durchbrechen, fanden keine Passwege hinter die Abwehr oder auf die Schnittstellen zwischen den Verteidigern. In den wenigen Fällen, dass doch ein Angriff vor das Tor des FCN kam, war mit Raphael Schäfer noch ein sicherer Rückhalt vorhanden, der dreimal souverän gegen die Gladbacher Offensive rettete.

Nimmt man all dies zusammen war der Erfolg des FCN dann eben doch verdient, weil die Gäste nichts aus ihrer optischen Überlegenheit, nichts aus 63% Ballbesitz, machten. Sie blieben viel wirkungsloser als der Club, viel weniger effektiv und dies ist beruhigend für die Nürnberger Fußballfans; egal, wie hoch man den Makel des ersten Tores ansetzt.

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