Vor zwei Wochen war Nürnbergs Trainer Michael Wiesinger noch scharf kritisiert worden, als er den Auftritt der eigenen Mannschaft als "beherzt" bezeichnet hatte.  Zu wenig hätte seine Truppe geleistet, zu unkonzentriert und zweikampfschwach agiert, um an diesem Freitag in Dortmund das Attribut beherzt verdient zu haben, so der Vorwurf. Zwei Wochen später an einem Samstagnachmittag in Frankfurt jedoch konnte man mit voller Berechtigung von einem "beherzten“ Auftritt der Nürnberger sprechen. Der einzige Wermutstropfen war, dass es nicht zum dreifachen Punktgewinn reichte.

Verdient wäre dieser gewesen; vor allem, weil der 1. FC Nürnberg die Frankfurter Eintracht über fast das gesamte Spiel defensiv vollständig unter Kontrolle hatte. Geschuldet war dies der starken Auftritte der defensiven Mittelfeldakteure. Unter diese waren an diesem Nachmittag sogar Markus Feulner und Mike Frantz zu zählen. Die beiden übernahmen Sonderbewacherrollen für die starken Frankfurter Mittelfeldspieler Schwegler und Rode. Durch das stete und beherzte Pressing auf die beiden verhinderte der FCN einen geordneten Spielaufbau der Frankfurter und ließ die gesamte Gastgebermannschaft damit quasi am langen Arm verhungern, da kaum gezielte Zuspiele bei den Frankfurter Offensivspielern landete. Dazu trugen auch Simons und Balitsch bei. Beide agierten defensiv stark. Oft konnte einer der beiden seinen Fuß in einen Frankfurter Pass stellen. So kam der FCN mehrfach zu Gelegenheiten im Umschaltspiel.


Zusätzlich wurde die defensive Leistung von zwei äußerst starken Innenverteidigern geprägt. Klose und Nilsson zeigten beide herausragende Defensivleistungen und waren stets auf dem Posten. Sie frustrierten die Frankfurter Angreifer mit ihrer starken Präsenz im Kopfballspiel. Der in der Vorwoche noch so starke Lakić war völlig abgemeldet. Da auch die beiden Außenverteidiger Chandler und Pinola defensiv ansehnliche Leistungen boten, konnten die Frankfurter nur zu wenigen Chancen kommen. Keiner der Schüsse, die auf Raphael Schäfers Tor kamen, war aber ein wirklicher Hochkaräter.

Die eigentliche Erkenntnis des Spiels im Waldstadion war allerdings, dass der FCN auch offensiv gute Leistungen vollbringen kann. In Sachen Defensive war dies ja bereits in den Vorwochen ins Bewusstsein der Fans gelangt. Doch in Frankfurt zeigten auch die Stürmer und offensiven Mittelfeldspieler eine deutlich verbesserte Leistung. Das einzige Manko des Offensivspiels war lediglich, dass sie sich nicht selbst belohnten: Ein Tor sprang trotz großer bis größter Chancen nicht heraus.

Dennoch war vieles zu erkennen, das Hoffnung für das Nürnberger Angriffsspiel schöpfen lässt. Denn besonders das schnelle Spiel nach vorne zeigte sich sichtlich stärker. Immer wieder eroberten die Nürnberger Fehlpässe der Frankfurter und leiteten sie schnell in die Offensive weiter. Dies führte zu mehreren sehr guten Torchancen. Doch stets stand den Nürnberger Angreifern entweder die eigene Schusstechnik oder Kevin Trapp im Weg. Es wäre verdient gewesen, wenn die Club-Offensive sich mit einem Tor belohnt hätte. Sie waren deutlich gefährlicher als der Gegner und spielten einen sehr ansehnlichen, phasenweise sogar ästhetischen Fußball.

Sollte dies keine Eintagsfliege sein, so hat sich der Trainerwechsel zumindest in der Offensive nicht als negativ erwiesen. Stattdessen zeigt sich das Angriffsspiel nun deutlich fließender und zielstrebiger, was zum Teil sicher an der generellen taktischen Marschroute, die auf Konter ausgelegt war, geschuldet war. Die offensive Passgenauigkeit hat im Vergleich zu Vorwoche aber auch zumindest gefühlt zugenommen. Besonders Markus Feulner und Hiroshi Kiyotake taten sich in diesen Kategorien hervor. Der eine, Feulner, erkämpfte sich immer wieder Bälle und nutzte Fehlpässe der Gastgeber aus, versuchte den öffenenden einleitenden Pass zu spielen. Der andere, Kiyotake, konnte fast jeden Ball, den er eroberte oder auch in höchster Bedrängnis zugespielt bekam, an den Mann weiterleiten. Die Ballbehandlung des Japaners war dabei immer wieder eine Augenweide. Ihm waren die Reisestrapazen der vergangenen Woche nicht anzumerken.

Weniger weit gereist, nämlich gar nicht, war Tomas Pekhart. Doch der Tscheche erwies sich trotz guter kämpferischer Leistung als tragische Figur des Spieles. Zunächst vergab er einige sehr gute Chancen. Danach hatte er auch noch Pech, dass ein von ihm an Rodes Hand geschossener Ball nicht zu einem Handelfmeter führte. Nach gängiger Regelauslegung wäre dieser aber  nötig gewesen. Wobei fairerweise gesagt werden muss, dass nach strenger Regel Auslegung auch Kloses Knieberührung an dem im vollen Sprint laufenden Aigner ein Strafstoß gewesen wäre.

So aber blieb die Pfeife von Herrn Dingert zweimal stumm und keiner der Torhüter musste im ganzen Spiel hinter sich greifen. Das Spiel war in seiner Gesamtheit eine deutliche Verbesserung zu den Vorwochen. Offensive und Defensive funktionieren sehr gut und mit etwas Glück und/oder Abschlussstärke wäre sogar ein Dreier drin gewesen. Dennoch kann man nun beruhigter in die Zukunft schauen. Nicht nur, weil der Abstand auf den Relegationsrang nun neun Punkte beträgt. Nein, jetzt sieht auch das Spiel des 1. FC Nürnberg so aus, als ob man gar kein Abstiegskandidat ist. Beweisen kann man diesen Eindruck schon nächste Woche gegen Hannover. Tritt man dort wieder so beherzt auf wie gegen Frankfurt sind drei Punkte durchaus möglich, nein, sogar wahrscheinlich.

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