Wie analysiert man ein Spiel, in dem der 1. FC Nürnberg eigentlich zur Halbzeit 0:3 zurückliegen müsste, aber mit 1:0 in Pause geht? Wie ordnet man es dann ein, dass am Ende keine krachende Niederlage, sondern ein triumphaler Sieg steht? Man könnte das Glück in den Vordergrund stellen, das der FCN vor der Pause gehabt hat oder aber die taktische Meisterleistung, die nach der Pause zum klaren Erfolg führte. Wahrscheinlich liegt die Schwerpunktlegung eher in der Persönlichkeit des Betrachters als in der objektiven Wahrheit. Beide Interpretationen sind zulässig, beiden sollte aber die Freude über einen irgendwie dann doch verdienten Sieg innewohnen.

 

Schließlich kamen die Schalker Gäste zwar zu drei mehr als hochkarätigen Chancen, doch weder Farfan, noch Draxler, noch Höwedes waren in der Lage den Ball im Tor unterzubringen. Recht viel mehr Chancen ließ die Nürnberger Hintermannschaft allerdings nicht zu. Natürlich hätte man sich nicht beschweren dürfen, wenn eine der Chancen das Netz gefunden hätte,  doch über die gesamten 90 Minuten kann man der Club-Abwehr dennoch ein positives Zeugnis ausstellen.

Das lag zum einen daran, dass von einer kurzen Phase nach circa zwanzig Minuten abgesehen, die Defensive die Zentrale hervorragend zustellte. Die Schalker versuchten es immer wieder sich flach durch die Mitte zu kombinieren, es gelang jedoch – mit Ausnahme von zwei Szenen in der angesprochenen kurzen Schwächephase - nicht. Zum anderen lag es daran, dass Michael Wiesinger und Armin Reutershahn sich erneut dafür entschieden Hanno Balitsch als Rechtsverteidiger auflaufen zu lassen. Der Routinier erfüllte erneut seine Defensivaufgaben tadellos und machte die Angriffe von Schalkes Bastos komplett wirkungslos.

Balitsch‘ Gegenpart auf links, Javier Pinola, benötigte etwas länger, um ins Spiel zu kommen, hatte anfangs Probleme mit Farfan, konnte sich aber im Spielverlauf steigern und sorgte in der zweiten Halbzeit dann zusammen mit allen anderen Defensivspielern dafür, dass Schalke ab der 50. Minute nur noch zu ungefährlichen Torchancen kam. Der Argentinier konnte sich also am Ende des Arbeitstags nicht nur über einen Landsmann als Papst, sondern auch über seine alles in allem gelungene Rückkehr in die Startelf des FCN freuen.

Doch im Gegensatz zu vielen anderen Spielen des Glubb kann man nach dem Spiel gegen Schalke nicht nur die Defensive loben, sondern auch positive Worte für die Offensive finden. Ja, es fehlte immer noch im Aufbauspiel bisweilen an Passgenauigkeit, doch war diese eher der Ausrichtung auf schnelle Konter geschuldet als einem generellen Problem. Denn gerade in der zweiten Halbzeit kam der FCN mehreren guten Kontergelegenheiten, die auch konsequent ausgespielt wurden. Gerade in der letzten halben Stunde war der Club, obwohl er weit weniger Ballbesitz hatte, die deutlich gefährlichere Mannschaft.

Dies war zwei Faktoren geschuldet. Einmal lag es daran, dass Schalkes Trainer Keller nach sechzig Minuten Kolasinac vom Platz genommen hatte und für ihn Raffael brachte und damit viel defensive Stabilität opferte, weil nun der Raum vor der Viererkette mehr oder weniger allein von Jermaine Jones bearbeitet wurde. Ein ebenso wichtiger Faktor war aber die Umstellung, die das Nürnberger Trainerteam in der Pause vorgenommen hatte: Mike Frantz war für Tomas Pekhart gekommen, hatte diesen aber nicht positionsgetreu ersetzt, sondern war auf Alexander Essweins Position im linken Mittelfeld rotiert. Der U21-Nationalspieler rutschte im Gegenzug in die Sturmspitze.

So war die vorderste Front mit Frantz, Chandler und Esswein besetzt, drei schnellen Spielern, die nun von den zentimetergenauen Pässen von Hiroshi Kiyotake profitieren konnten. Hier entstand zusätzlicher Druck auf die Schalker Abwehr, welche diesem letztlich nicht standhalten konnte und zwei Kontergegentore kassierte.

Wie schon in der Vorwoche in Augsburg war am Ende die taktische Leistung des FCN und die Einstellung durch die Trainer der entscheidende Faktor für den Erfolg des Clubs. Hatte man vor zwei Wochen nach vier Remis in Folge noch Zweifel, spricht nun die Tendenz und die Spielweise für Wiesinger/Reutershahn, nicht zuletzt auch, weil sich der Außenminister der beiden, Michael Wiesinger, immer mehr in seiner Rolle in der Öffentlichkeit zurechtfindet. Mit seiner unaufgeregten Art lässt er auch die bei vier Punkten auf Platz 6 aufkommende Diskussion über eine mögliche Europa League Teilnahme des FCN souverän ins Leere laufen. Er ist, aus eigener Erfahrung als Spieler beim Club, ein gebranntes Kind.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Ok