Nach dem Spiel war die Schlagrichtung aller Nürnberger schnell gefunden. Mit Präzision und Energie attackierten alle Beteiligten das Schiedsrichterteam. Auslöser war der wohl spielentscheidende Platzverweis gegen Javier Pinola eine Viertelstunde vor Ende einer bis dahin torlosen Partie. Doch sollte die Analyse – aller fehlenden Berechtigung der Ampelkarte zum Trotz – nicht eher in eine andere Richtung gehen? Nicht eher dahin, warum eine spielerisch nicht stärkere Auswärtsmannschaft in Nürnberg vierundzwanzig Schüsse aufs Tor abgeben darf? Nicht eher dahin, warum man selbst nur durch Standards gefährlich war?

Es mag gut sein und ist zu hoffen, dass diese Frage nach innen sehr wohl gestellt werden und nur nach außen eine andere Linie vertreten wird, um klar zu machen, dass niemand beim 1. FC Nürnberg für den Schiedsrichterfehler am ersten Spieltag verantwortlich ist, der nun scheinbar jeden Spieltag ausgeglichen werden muss. Beim Suchen nach der Verantwortung für den holprigen Start mit zwei Punkten aus vier Spielen aber sollte man allerorten den Fokus nicht auf die Schiedsrichterleistungen legen.

Vielmehr ist zu konstatieren, dass auffällig ist,  dass sich die Defensive noch nicht gefunden hat. Fünf Pflichtspiele, von denen keines ohne Gegentor über die Bühne gebracht wurde, sprechen eine deutliche Sprache. Die Ursache dafür liegt weniger in der Innenverteidigung, wo sich drei solide Kräfte abwechseln und mehr auf den Außen, die defensiv viel zu viele Chancen für den Gegner ermöglichen. So gesehen mag die Sperre von Javier Pinola im richtungsweisenden gegen Braunschweig in zwei Wochen sogar eine Chance darstellen. Der Argentinier war auch am Samstag oft zu weit weg vom Gegenspieler, so dass die linke Abwehrseite wie schon in den vorausgehenden Spielen oft anfällig war.

Kommt dann noch, wie gegen Augsburg, ein defensiv orientierter Mittelfeldspieler wie Niklas Stark dazu, der im Spielaufbau viele einfache Pässe zum Gegner setzt und ihm damit Kontergelegenheiten eröffnet, kann die Torverhinderung nur mit Glück von Erfolg gekrönt sein. Oder mit Hilfe eines überragenden Torwarts. Raphael Schäfer war dieser überragende Torwart, hielt sehr viele Bälle, zeigte hervorragende Paraden und wurde am Ende nur deshalb überwunden, weil der Schuss des Augsburgers Kevin Vogt von Marvin Plattenhardt abgefälscht war.

Doch nicht nur die Defensive muss sich noch finden, auch in der Vorwärtsbewegung liegt noch vieles im Argen. Marvin Hitz, der Augsburger Schlussmann, hatte gestern einen enorm ruhigen Arbeitstag. Ein einziger Schuss kam auf sein Tor, Kiyotakes Freistoß nach 56 Minuten, weitere sechs gingen neben das Tor oder an den Pfosten. Aus dem Spiel heraus entwickelten sich kaum Möglichkeiten, einige gute Ansätze über Außen verpufften durch schlechte Bewegungen im Sturmzentrum. Statt aktiv und permanent die schwachen Augsburger Außenverteidiger mit Hilfe des Tempos von Mak, Drmic und nach seiner Einwechslung auch Esswein zu attackieren, wurde erschreckend oft die Variante des langen Balls in Richtung Daniel Ginczek gewählt, die Sturmspitze rieb sich so auf, fand überhaupt nicht ins Spiel und kam so zu keinem einzigen Torschuss.

Natürlich greifen noch nicht alle Automatismen und es ist noch zu früh Alarmstufe Rot auszurufen, aber auf Gelb muss der Alarm nun gesetzt werden, denn es läuft noch zu wenig rund, es sind noch zu wenig Automatismen gesetzt, es wird noch zu wenig aus dem vorhandenen Spielermaterial gemacht, es ist noch zu wenig eigene Spielphilosophie zu erkennen. Das Trainerteam hat nun zwei Wochen Zeit sich Gedanken zu machen, wie man das Spiel in Braunschweig angehen möchte. Gewinnt man dort nicht, dürfte der Druck schnell groß werden, auf Spieler und Trainer.

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