Für eine Mannschaft ist es nicht unbedingt ein Kompliment, wenn das Highlight des Abends die Interviews des eigenen Trainers vor und nach dem Spiel sind. Für den Vorstand, der diesen Trainer ausgesucht hat hingegen ist es durchaus ein solches, denn zumindest in Sachen Außenwirkung hat man schon mal einen Volltreffer gelandet. Und so stand der Abend ganz eindeutig im Zeichen von Gertjan Verbeek, der am Ende des Abends das Spiel prägnant zusammenfasste. Auf die Frage, was noch besser werden müsste, antwortete er schlicht: Der Fußball.

Dass ein Trainer so offen den Finger in die Wunde legt, die seit Jahren in Nürnberg offen klafft, ist so ungewohnt wie erfrischend. Denn, wo viele Vorgänger möglicherweise das couragierte Zurückkommen oder die Tatsache, dass in der zweiten Halbzeit Stuttgart kaum mehr Chancen aus dem Spiel hatte, in den Vordergrund gestellt hätten, stellte Verbeek ganz klar den spielerischen Aspekt in den Vordergrund. Besonders scharf ging er mit der Tatsache ins Gericht, dass im Spielaufbau zu oft der Ball verloren wurde.

Das zeigt, welche Marschrichtung dem neuen Übungsleiter vorschwebt: Mehr Ballkontrolle, mehr spielerische Lösungen. Nach zwei eigenen Trainingseinheiten kann dieses Konzept natürlich noch nicht in der Mannschaft angekommen sein, doch erste Anzeichen waren zu erkennen. So wurde dezidiert der Ball mehr über die Flügel ins Angriffsdrittel transportiert und auch versucht die im Kader vorhandene Schnelligkeit mehr auszunutzen. Dass das Nürnberger Tor über eine Kombination dieser beiden Elemente fiel, lässt für die Zukunft hoffen.

Auch, dass die Stuttgarter lediglich durch einen zweifelhaften Elfmeter zu einem Tor kamen, könnte Hoffnung machen. Allerdings ist hier einzuwenden, dass diese Tatsache vor allem Raphael Schäfer und dem Unvermögen der Stuttgarter Angreifer vor dem Club-Tor geschuldet war und weniger der defensiven Organisation. Vor allem bei den Standards von Alexandru Maxim war die Ordnung im Abwehrverbund nicht vorhanden; dass man sich hier kein Gegentor einfing, grenzte fast an ein Wunder und wurde von Verbeek nach dem Spiel ebenso deutlich kritisiert wie der fehlende Spielfluss.

Allein durch diese Standards kam der VfB zu so vielen guten Chancen wie der FCN insgesamt und so mag der Punkt in der Addition womöglich sogar etwas glücklich erscheinen, gänzlich unverdient war er nicht. Torchancen hatte der Glubb in der zweiten Halbzeit nämlich auch und aus dem Spiel heraus war Stuttgart über weite Strecken des Spiels ungefährlich. Natürlich bleibt beim siebten Remis im zehnten Spiel die Sehnsucht nach dem absoluten Erfolgserlebnis auf der Strecke und alle Beteiligten hatten nach dem Spiel Recht den ersten Sieg nun endlich einzufordern.

Im ersten Spiel unter neuer Leitung sollte man aber dennoch Nachsicht walten lassen. Es war „een anvaang“, wie der Niederländer sagen würde, mehr aber noch nicht. Nach einer vollen Woche Übungseinheiten unter Regie von Verbeek sollten dann deutliche Veränderungen – wenn möglich auch Verbesserungen – zu sehen sein. Das erste Heimspiel des Niederländers bietet dann auch die richtige Bühne und den richtigen Gegner für den ersten Saisonsieg. Womöglich wird zu Hause gegen Freiburg ja sogar dann auch Fußball gespielt, so dass der Trainer nicht mehr das Highlight ist, sondern die Mannschaft.

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