Das Schlimmste am Abstiegskampf ist, dass es Hoffnung gibt, wo keine sein dürfte. Selbst nach einer desolaten Leistung, wie der des FCN in Wolfsburg, gibt ein Blick auf die Tabelle Hoffnung. Es ist nicht die Leistung der eigenen Mannschaft, die Mut macht, sondern die der Gegner im Abstiegskampf: Eine Derbyniederlage, ein 0:2 gegen einen direkten Konkurrenten, ein später Ausgleich. Das muss den Kontrahenten doch den Rest geben, das muss ihnen doch den Todesstoß versetzen, so die Argumentation. Man übersieht dabei, dass die eigene Mannschaft den Anhängern der Rivalen ebenso Hoffnung verleiht. Gerade wenn man so desolat auftritt wie der Club in Wolfsburg.

Es war vor allem die Defensive, die sich durch die Wolfsburger ein ums andere Mal narren ließ. Immer wieder wurde mit langen Bällen auf die Schnittstellen der Viererkette für Chaos gesorgt, immer wieder ließ die Club-Abwehr sich narren, immer wieder kamen die Gastgeber so zu Chancen. Natürlich steht außer Frage, dass die Wolfsburger Offensive bessere Einzelspieler stellt als die Nürnberger Defensive. Dennoch muss die Frage erlaubt sein, ob man es den Wolfsburger Einzelkönner so einfach machen musste, dass sie immer wieder im gleichen Muster zu Chancen kommen konnten.

Ebenso sei die Frage gestattet, ob nun nicht hinreichend festgestellt ist, dass Martin Angha momentan noch nicht bundesligatauglich ist und stattdessen in den verbleibenden vier Spielen im Abstiegskampf für Alternativen gesorgt wird. Der junge Schweizer ist talentiert, dynamisch, antrittsschnell, keine Frage, doch immer wieder leitet er durch mangelndes Defensivverhalten oder gedankliche Langsamkeit im Spielaufbau gegnerische Chancen ein oder verhindert eigene Torgelegenheiten. Ideal wäre eine Rückkehr von Timothy Chandler, doch da mit dieser nicht zu rechnen ist, muss Markus Feulner, der auch in Wolfsburg wieder zu den stabilsten Nürnbergern zählte nun als Rechtsverteidiger einspringen.

Feulner war es auch, der zumindest für wenige Minuten Hoffnung auf einen angenehmen Nachmittag einhauchte, als er kurz nach Anpfiff das 1:0 erzielte. Doch zu schnell gab der Club das Heft aus der Hand, ließ sich von der Geschwindigkeit und Agilität der Wolfsburger überrennen. Feulners Tor blieb mehr oder weniger die einzig nennenswerte Torchance über die gesamten 90 Minuten. Natürlich ist auch das zu wenig für ein Spiel im Abstiegskampf oder auch ein Fußballspiel an sich. An diesem Nachmittag waren es aber nicht die offensiven, sondern die defensiven Unzulänglichkeiten, die einem für die kommenden Spiele die Hoffnung rauben.

Es ist fraglich, ob die Defensive stabiler geblieben wäre, hätte sich Javier Pinolas Tochter dazu entschieden, erst morgen auf die Welt zu kommen (sie wählte Samstagmittag als Zeitpunkt, also fehlte Pinola), doch möglicherweise wäre zumindest manchmal entschlosseneres Auftreten zu sehen gewesen. Es wirkte nämlich bisweilen auch so, als würde die letzte Entschlossenheit in den Zweikämpfen, die letzte gedankliche Schnelligkeit im defensiven Umschaltspiel fehlen. Alles Dinge, die die Hoffnung schwinden lassen.

Hoffnung, die vier Spieltage vor Schluss eben wirklich eher aus den Unzulänglichkeiten und dem Restprogramm der Anderen erwächst. Doch darauf allein darf sich die Analyse nicht beschränken, sie muss klipp und klar ansprechen, dass mit der Wiederholung einer derartigen Leistung nur eins größer wird: Die Hoffnung der Anderen.

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