Der Begriff der Bader-Befreiung ist – mit zusätzlichem Vokal – in der deutschen Geschichte bereits besetzt, dabei wäre er – ohne Personen gleichsetzen zu wollen – auch am Freitagabend nicht unangebracht gewesen. Auch und gerade weil es chaotisch und unorganisiert ablief – genau wie das historische Ereignis vor 35 Jahren. Freilich wäre unsinnig, den Heimsieg gegen Heidenheim der Tatsache zuzuschreiben, dass sich der FCN am Vortag seines Sportvorstands entledigt hatte. Es war jedoch dennoch eine gelöstere Stimmung im Stadion greifbar. Ein wenig Druck schien schon entwichen aus dem Kessel. Druck, der sich in der 87. Minute in Jubel entlud.

In dieser Minute setzte sich Niclas Füllkrug auf der linken Außenbahn gegen Robert Strauß durch, flankte nach innen auf Jan Polak. Der Kapitän des FCN nahm den Ball mit der Brust an, ließ den Ball so abtropfen, dass er ihn volley nehmen und ins Tor wuchten konnte. Es war das 3:2 und der Schlusspunkt eines wilden Fußballspiels, eines Spektakels. Spektakel, für das der FCN in der Saison 2015/16 zu stehen scheint. Vierzehn Tore fielen in den zwei Spielen mit Club-Beteiligung, genauso viele wie in den zehn bisher absolvierten Zweitligaspielen ohne den FCN.

Daran ist zum einen sicherlich die deutlich verbesserte Offensive des FCN Schuld. Sechs Tore nach zwei Spielen, damit hatte man nach der sehr torarmen Vorbereitung mit fünf Toren in fünf Spielen nicht unbedingt rechnen können. Den größten Anteil an dieser offensiven Verbesserung hatte gegen Heidenheim Danny Blum. Der 24-Jährige war quasi überall zu finden, schlug alle Standards, warf sich in unzählige Zweikämpfe, erzielte das 1:0 selbst und war für das 2:1, ein Eigentor der Gäste, hauptsächlich verantwortlich. In Sachen Einsatz stand ihm sein Sturmpartner Guido Burgstaller nicht nach, lediglich im Abschluss war Blum effektiver gewesen.

Jener Einsatz ist es auch, den man bei allen Clubspielern hervorheben muss. Die Präsenz in den Zweikämpfen war es, die den FCN ins Spiel kommen hatte lassen, 56% der Duelle in der Anfangsviertelstunde wurde gewonnen, der FC Heidenheim durchaus beeindruckt. Doch mit dem Führungstreffer durch Blum auf Vorlage von Burgstaller ging jener Schwung und jene Aggressivität verloren und es stellte sich jenes oben erwähnte Chaos ein, das vor allem die Defensive befiel. Immer wieder leisteten sich die Spieler in der Abwehr eklatante Aussetzer.

Dabei waren es nicht die Außenverteidiger, Miso Brecko und Niklas Stark, die Probleme bereiteten, obwohl sie entweder noch nie mit der Mannschaft oder noch nie auf der Position gespielt hatten, sondern mit Thorsten Kirschbaum, Even Hovland und Ondrej Petrak die eigentlich im Abwehrverbund gesetzten. Kirschbaum machte bei beiden Gegentreffern keine gute Figur; vor dem 1:1 packte er die Raphael-Schäfer-Gedächtnisfaust aus, beim 2:2 ließ er sich von einem Kunstschuss von Morabit überraschen. Hovland wirkte seltsam fahrig mit vielen Stellungs- und Abspielfehlern. Petrak lieferte Morabit vor dessen 2:2 nur Begleitschutz und verlor insgesamt sehr viele Zweikämpfe.

Solange jene individuellen Fehler in der Defensive aber nicht abgestellt werden, solange muss die Offensive ihre Torquote von drei Toren pro Spiel beibehalten. Dies kann jedoch nicht im Sinne des Trainers und auch des Nervenkostüms der Zuschauer sein. Daher muss Trainer Weiler nun in den kommenden zehn spielfreien Tagen aktiv und intensiv am Defensivverbund arbeiten. Ansonsten heißt es in Aalen einmal mehr: „Pokal ist nur einmal im Jahr“.

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