Als Jürgen Klopp einmal eine seiner poetischen Phasen hatte, erfand er den Begriff der Mentalitätsmonster, um seine Mannschaft zu charakterisieren. Spinnt man diesen Begriff weiter, so besteht die Mannschaft des FCN in diesen Tagen aus Einstellungsungeheuern, aus Kampfgorgonen, aus Einsatzgiganten. Jedes noch so große Hindernis wird vom Team mit Leidenschaft und Kampfgeist aus dem Weg geräumt. Am Freitagabend gegen den 1. FC Kaiserslautern bestanden jene Hindernisse aus dem Mammutprogramm von vier Spielen in zwölf Tagen, einer schweren Verletzung von Raphael Schäfer, einem angeschlagenen Ersatzkeeper und einem unnötiger Platzverweis. Auch sie wurden aus dem Weg geräumt – mit letzter Kraft.

Rein objektiv gesehen wäre das Spiel wahrscheinlich mit einem Unentschieden einem gerechteren Ergebnis zugeführt worden. Beiden Mannschaften war deutlich anzumerken, dass sie das vierte Spiel in kürzester Zeit bestreiten. Viele Abspielfehler und Unsauberkeiten mischten sich in den Spielaufbau, geordneter Spielaufbau war quasi völlig von der Tagesordnung gestrichen. Dabei zeigte sich bei den Toren, die in der ersten Halbzeit fielen, dass genau dies das Mittel zum Erfolg gewesen wäre. Die einzige wirklich sauber zu Ende gespielte Kombination des FCN in Halbzeit Eins über Sepsi und Füllkrug vollendete Patrick Erras zum 1:0. Auch auf der Gegenseite war es eine der wenigen Folgen von mehreren gelungenen Offensivpässen, die fast postwendend zum Ausgleich führte.

Sonst ließ das Spiel spielerisch viel zu wünschen übrig. Es lebte von der Kampfkraft der Teams und der Spannung des Ergebnisses. Eine Spannung, die sich durch die Dramaturgie des Spiels noch erhöhte. Erst musste das Fundament der Ungeschlagen-Serie, Raphael Schäfer, verletzt ausgewechselt werden. Dann wurde sein Ersatz Patrick Rakovsky so von einem gegnerischen Knie im Bauchraum getroffen, dass er Probleme beim Laufen und Ball abspielen hatte. Ab der 72. Minute also konnte man damit rechnen, dass jeder Schuss auf das Club-Tor zu einer echten Gefahr würde, da der Torwart kaum noch Schritte zum Ball machen konnte.

Doch die Einstellungsungeheuer, die Kampfgorgonen, die Einsatzgiganten ließen sich auch davon nicht aus der Bahn werfen, sondern kamen noch zum Siegtreffer. Er fiel, wie so oft in dieser Saison, spät, zum 13. Mal traf der Club in der Schlussviertelstunde. Wie am Freitag zuvor war es das 2:1, wie am Freitag zuvor traf ein Ex-Fürther nach einer Hereingabe von links. Im Gegensatz zum Derbysieg war es aber nicht Niclas Füllkrug, sondern Zoltan Stieber, der traf und im Gegensatz zu „Lücke“ beließ Stieber beim Torjubel sein Trikot nicht an. Da der Ungar aber schon Gelb gesehen hatte, musste er mit Gelb-Rot vom Feld und der Club spielte die restlichen zwei Minuten plus sieben Minuten Nachspielzeit in Unterzahl.

Doch auch diese neue Unwägbarkeit brachte den Club nicht aus dem Tritt, er versuchte den Ball vom Tor wegzuhalten und schaffte dies über weite Strecken der Nachspielzeit. Als dann in der siebten Minute der Nachspielzeit Colak, ausgerechnet Colak, frei zum Kopfball kam, vergaß Patrick Rakovsky für eine Sekunde, dass er nicht mehr Laufen konnte und flog zu einer Parade, die in vergangenen Zeiten noch als Robinsonade bezeichnet worden wäre. Es war der perfekte Schlusspunkt unter die nächste emotionale Freitagnacht im Frankenstadion, unter das fünfzehnte ungeschlagene Spiel des FCN in Folge, unter den Triumph der Einstellungsungeheuer, der Kampfgorgonen, der Einsatzgiganten.

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