Die Reaktion der Nordkurve nach dem Spiel war eindeutig. So laut und eindeutig waren die Pfiffe schon lange nicht mehr gewesen, vielleicht sogar unter Dieter Hecking noch nie. Sie kamen, obwohl der FCN nicht zum fünften Mal in Folge ein Spiel verlor. Sie waren jedoch nachvollziehbar, da die Zuschauer über neunzig Minuten nicht nur ein schlechtes Fußballspiel gesehen hatten. Sie hatten auch eine offensiv völlig planlose Mannschaft, die zusätzlich noch defensiv mehrfach eher von der Augsburger Unfähigkeit als vom eigenen Können profitierte. So war der Punkt auch der einzig Positive an einem trüben Nachmittag.

Trüb nicht nur wegen des Wetters, sondern auch wegen des Nürnberger Spiels nach vorne, das mit unauffällig noch zu positiv beschrieben werden kann. Selbst die Beschreibung „nicht vorhanden“ fiele fast noch unter die Kategorie Euphemismus. Wie schon bei den Niederlagen gegen Stuttgart und Freiburg war die Maxime ausgegeben worden mit langen Bällen zu operieren. Über weite Strecken der Partie sah der Aufbau des FCN so aus: Klose auf Nilsson, Nilsson auf Klose, langer Ball auf Pekhart, Kopfballduell Ballverlust. Die einzige Variation sah folgendermaßen aus: Nilsson auf Klose, Klose auf Nilsson, langer Ball auf Pekhart, Kopfballduell, Ballverlust.

Die drei zentralen Mittelfeldspieler – Balitsch, Simons, Kiyotake – waren so über lange Zeit komplett aus dem Spiel genommen. Gepaart mit der eklatanten Formschwäche der Außenverteidiger, die sowohl als Verteiler als auch als Empfänger der Bälle, ergab sich so ein total zerfahrenes Offensivspiel, das in 90 Minuten für genau eine gefährliche Torchance sorgte. Diese hatte Hanno Balitsch in der letzten Sekunde der ersten Halbzeit und zum Nachmittag passend, vergab er sie nicht nur, er vergab sie kläglich. Völlig freistehend vor Augsburgs Amsif kam nicht mehr als eine bessere Rückgabe zustande.

Der Grund, warum am Ende ein Punkt für den FCN heraussprang, war, dass die Augsburger Stürmer vor dem Tor genauso kläglich agierten wie Hanno Balitsch. So wusste weder Knowledge Musona Javier Pinolas Stellungsfehler nach einer halben Stunde auszunutzen, noch konnten Oehrl und Werner Patrick Rakovskys Unsicherheit nach einer Ecke zu Zählbarem verwerten. Jene Szene nach einer Stunde war allerdings der einzige Wackler des 19-Jährigen, der zur Halbzeit Raphael Schäfer ersetzte.

Rakovsky war am Ende trotz des Fehlers sogar einer der Lichtblicke des Tages. Nicht nur weil er nach 67 Minuten gegen Bancé rettete. Sondern vor allem da er sich sichtbar bemühte, den Spielaufbau des FCN zu verändern. Er tat dies, indem er sich bemühte den Ball auf dem Boden zu halten und die zentralen Mittelfeldspieler und Außen mit präzisen Abwürfen zu bedienen. Dies klappte nicht immer, war aber eine deutliche andere Spielanlage als bei Raphael Schäfer, der bekanntermaßen eher zum langen Ball neigt. In der 52. Minute führte diese „Schalker Schule“ des Torwartspiels sogar zu einer kleinen Torgelegenheit durch Timo Gebhardt, doch Langkamp konnte seinen Schuss abblocken.

Es waren derartige Kleinigkeiten, die an einem Nachmittag wie diesem Hoffnung machten. An einem Nachmittag, an dem wenig nach vorne zusammenging, an dem der FCN in der Vorwärtsbewegung wie ein Absteiger agierte und an dem einige Spieler – allen voran der eingewechselte Esswein – lustlos wirkten. Kleinigkeiten wie Kloses unbändiger Jubel als klar war, dass Rakovskys Fehler nicht zu einem Gegentor führen würde oder Hanno Balitschs Anraunzen von Augsburger Spielern nach einem der vielen kleinlichen Pfiffe von Wolfgang Stark.

Kleinigkeiten, die hoffen lassen, dass es womöglich besser wird, dass ein Spiel ohne Gegentor (noch eines, in dem die Defensive sich auf zwei verschiedene Torhüter hinter sich einstellen musste) die Blutung stoppen kann, die mit dem Frankfurt-Spiel begann und zu elf Gegentoren in vier Spielen führte. Viel mehr als Kleinigkeiten waren es nämlich nicht, die Hoffnung gaben, an einem trüben Tag im Spätoktober.

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